Trotz Rekord­investi­tionen: 
Wenig China-Kommunikation

Autorin

Heidrun Haug

Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin
2001 gründete Heidrun Haug Storymaker mit dem Ziel, Unternehmen in Erfolgsgeschichten zu verwandeln – unser Anspruch bis heute.
Veröffentlicht:
13.11.2023
Aktualisiert:
17.11.2023

Da beißt die Maus keinen Faden ab: Arbeitsplätze und Wohlstand in Deutschland hängen mit dem Erfolg deutscher Unternehmen in China zusammen. Die wirtschaftlichen Verflechtungen sind groß. Doch es gibt immer weniger Austausch und Kommunikation. Auf einer Veranstaltung in Tübingen kritisierten China-Experten verschiedener Disziplinen ein schwarz-weiß geprägtes China-Bild – auch als Folge von immer weniger Dialog-Formaten zwischen Deutschland und China.

„Heute geht keiner mehr freiwillig nach China“ konstatierte Felix Lee, der kürzlich für „China, mein Vater und ich“ den Preis für das beste Wirtschaftsbuch des Jahres erhielt. Schon vorher, aber insbesondere in der Pandemiezeit mit den harten Lockdowns wurden viele Kontakte gekappt. Redaktionen haben Probleme, die einst begehrte Stelle des China-Korrespondenten zu besetzen. Folge: Die Berichte über China sind mehr und mehr von einer negativen Haltung hierzulande statt einer Berichterstattung über die sich ohnehin rasant verändernde Wirklichkeit geprägt. Um so größer war der Schock, als westliche Journalisten zur diesjährigen Auto-Show nach Shanghai reisten. Storymaker begleitete für den chinesischen EV Hersteller NIO eine 20-köpfige Journalisten-Delegation aus Europa auf die Shanghai Auto Show. Alle Journalisten waren sich einig: Was China in den letzten Jahren an EV-Power aufgebaut hatte, ist atemberaubend.

In einer ausführlichen Analyse beschrieb der Journalist die Kluft zwischen der politischen Erklärung im Koalitionsvertrag zur Stärkung der China-Kompetenz und der Realität. Während die USA ihre Programme massiv ausbauen, werden sie in Deutschland gekürzt, Stiftungen und Organisationen ziehen sich zurück. Der Sinologe und Wirtschaftsethiker Matthias Niedenfuhr bestätigte die zunehmende, offenbar von beiden Seiten geförderte Entfremdung. „Drei Jahre lang war kein Studentenaustausch mehr möglich. Statt Empathie treffe ich auf Gesinnungszensur.“

„Heute geht keiner mehr freiwillig nach China“

Felix Lee, ausgezeichnet mit dem "Wirtschaftsbuch des Jahres"

Xi ist nicht China und China ist nicht Xi

Unternehmen mit China-Bezug äußern sich kaum noch zu den Geschäften. Groß ist die Sorge, dass man in der stark polarisierten Diskussion sofort unter Rechtfertigungsdruck kommt. „China ist eine haarige Sache“, sagte Andreas Möller, politischer Pressesprecher von Trumpf, kürzlich in einem DPRG-Talk. Schnell steht im Verdacht, den autokratischen Staatspräsidenten XI zu unterschätzen. „China ist eine pluralistische und vielfältige Gesellschaft. Das erlebt man nur, wenn man mit dem Menschen spricht und Dialoge pflegt.“ Theresa Stewart, die lange beim German Center in Shanghai und Taicang arbeitete und das China-Business bei Storymaker verantwortet, erlebt häufig eine generelle Distanzierung bei China-Projekten. Uns gibt zu bedenken: „Xi ist nicht China und China ist nicht Xi.“

Die China-Experten bedauern, dass die Kommunikation einschläft, vor allem auf der persönlichen Ebene. Das passt nicht dazu, dass deutsche Investitionen in China auch dieses Jahr ein Rekordniveau haben. In vielen deutschen Unternehmen arbeiten chinesische Kolleg*innen und in den Niederlassungen führen Chinesen die Geschäfte. Es kann nicht gut sein, wenn die nationalistischen Narrative von Xis Regierung auf eine kommunikative Verweigerung in Deutschland treffen. Zumal chinesische Unternehmen überall auf der Welt mit ihren Produkten präsent sind – und oft auch erfolgreich und beliebt.

Bei Storymaker ist China-Kommunikation eine Kernkompetenz. Seit 2007 sind wir in China vertreten und arbeiten über unsere Standorte verteilt in Berlin, Tübingen und München mit einem China-Team. Wir sind stolz auf unsere, über viele Jahre erworbene Asien-Kompetenz. In der China-Community werden wir mit Projekten wie mit dem deutsch-chinesischen Freundschaftshaus auf der Expo in Shanghai, den Dialogen vom Mercator zur Ausstellung über die Aufklärung in Peking, für Medientouren nach China oder jüngst zur Kommunikation über die chinesischen Aussteller auf der IAA assoziiert. Viele deutsche Unternehmen kennen uns von Presseevents und Markenkampagnen.

Auf Wortwahl achten

Uns liegt an einem realistischen Blick auf China. Dämonisierende Begriffe wie Monster, Rivale, Drache oder gar in kolonialer Manier über die „gelbe Gefahr“ behindern einen respektvollen Dialog. Es mag schwer zu akzeptieren sein, dass China es heute nicht mehr nötig hat, vom Westen zu lernen. „Die Zeit der Belehrungen ist vorbei“, sagt China-Beraterin Christine Zhang-Lippert.  Der Shift zur Frage „Was wollen wir von China lernen“ ist schmerzhaft, aber angesichts der Innovationsdynamik unvermeidlich. Die Zeit für Belehrungen ist vorbei. Stattdessen geht es um Debatten, Themen wie Glaubwürdigkeit von KI, Circular Economy, menschenzentrierte Technik gibt es genügend. Streiten können, wenn nicht anders möglich, in geschlossenen Veranstaltungen. Noch immer hat „Made in Germany“ einen guten Ruf, wenngleich die Begeisterung zurückgeht. Als Vorbilder bei Unternehmenskultur, modernen Arbeitsformen, Ausbildung und, von grenzüberschreitender Bedeutung, Nachhaltigkeit lässt sich gewiss Reputation verdienen.

China-Kompetenz bedeutet für uns:

  • Sprachkompetenz: Klar, man muss Mandarin sprechen, lesen und schreiben können. Aber Muttersprachler sein reicht nicht aus. In der digitalen Kultur verändern sich rasant Bedeutungen und entstehen neue Begriffe (auch zum Schutz vor Kontrolle). Man muss in den Chats dabei sein und ein lokales, aktuelles und zielgruppenspezifische Sprachgefühl besitzen.
  • Visuelle Formate: Das gilt auch und sogar noch stärker für visuelle Ausdrucksformen; Farben haben andere Bedeutungen, Gamifizierung spielt eine große Rolle, man muss Figuren und Symbole kennen.
  • Management-Briefings: Was tut sich in China – Zahlen, Daten, Stories. Wir organisieren Gespräche, Workshops, Redner und Delegationsbesuche zu neuen Entwicklungen und Deep Dives zu den Zielmärkten. In unserem Netzwerk spezialisierter China-Experten finden wir die Personen, die sich in den für die Strategie relevanten Themen auskennen.
  • Plattformen: Die Internetwelt Chinas ist stark, vielfältig und streng kontrolliert – nicht nur bezüglich politischer Inhalte. Das Innenleben und die Hintergründe der sozialen Plattformen verstehen, einschließlich der in China strengen Vorschriften zur Nachvollziehbarkeit, gegen Wettbewerbsverzerrung, Werbebotschaften und Datenschutz, der in China dem europäischen Recht sehr ähnlich ist.
  • Corporate Narrative: Wie den Markenkern erhalten, aber feinfühlig lokalisieren. Dazu finden wir die Geschichten, die sowohl in Deutschland als auch in China die Identität des Unternehmens vermitteln und Sympathie erzeugen.
  • Interne Kommunikation: Wertschätzende Kommunikation ist das A und O für ein gutes Betriebsklima und die Anerkennung als anständiger Arbeitgeber, zum Beispiel über authentische Kampagnen mit den Personen vor Ort.
  • Kundenkommunikation: Viele deutsche Unternehmen haben in China große, spektakuläre Projekte, die sich eindrucksvoll in multimedialen Case Studies und Testimonials abbilden lassen.
  • Medienarbeit: Hat in China nicht dieselbe Bedeutung wie in Deutschland. Nichtsdestotrotz prägen Fach-, Wirtschafts- und Massenmedien das Bild und Bewusstsein der Menschen. Wir pflegen gute Kontakte zu Verlagen, Redaktionen und Journalisten und organisieren Pressegespräche beispielsweise auf Messen und Only-for-media-Events.

Die Teilnehmer an der Tübinger Veranstaltung, die Storymaker gemeinsam mit dem China-Netzwerk Baden-Württemberg und dem Weltethos-Institut durchführte, haben den Eindruck vermittelt, dass Dialoge in China schwieriger geworden sind. Weil Abschottung kein guter Weg ist, schon gar nicht in einer geoökonomisch veränderten Welt, sprechen sie unisono alle für mehr statt weniger Beschäftigung mit und Präsenz in China aus. Kommunikation kann Bewusstsein verändern – sofern man sie aktiv betreibt, am besten von Mensch zu Mensch. Miteinander reden ist besser als übereinander spekulieren.

Unsere China Experten stehen Ihnen zur Verfügung:

Theresa Stewart
Managing Partner, Berlin
Strategie und deutsch-chinesischer Kommunikation
Adam Lou
General Manager, Shanghai
Projekte in China
Yiting Miao
Projektleiterin für China und Taiwan

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Theresa Stewart

Director China
t.stewart@storymaker.de