Chinas Outdoor-Revolution

Ein Markt mit deutscher Handschrift
Veröffentlicht:
6.8.2025
Aktualisiert:
15.9.2025

Im April 2025 sorgte die Nachricht für Aufsehen: Der chinesische Sportgigant Anta übernahm die deutsche Marke Jack Wolfskin. Doch dies war weit mehr als eine Unternehmensakquisition – es war eine klare Botschaft. Wie Anta in seiner Pressemitteilung betonte, werde das Unternehmen durch Jack Wolfskins Materialtechnologie und das Know-how deutscher Ingenieurteams seine Wettbewerbsfähigkeit im Outdoor-Sektor weiter ausbauen. Der Konzern, der bereits Marken wie Salomon und Arc’teryx besitzt, festigt damit seine Position im europäischen Outdoor-Markt. Doch der eigentliche Treiber hinter dieser Transaktion liegt in China selbst: Der heimische Outdoor-Markt erlebt einen Boom. Während deutsche Verbraucher seit Jahrzehnten mit Marken wie Vaude oder Deuter vertraut sind, entdeckt die chinesische Mittelschicht gerade erst die Faszination des Outdoor-Lebens – und zwar mit einer Begeisterung, die selbst Branchenexperten überrascht. Laut iResearch wird der chinesische Outdoor-Markt bis 2025 voraussichtlich die 400-Milliarden-Yuan-Marke (ca. 50 Mrd. Euro) überschreiten.

Chinas neue Outdoor-DNA: Tradition trifft Moderne

Das Besondere an diesem Markt ist die Verschmelzung westlicher Outdoor-Kultur mit chinesischer Tradition. Während deutsche Camper Minimalismus schätzen, bevorzugen chinesische Verbraucher „Glamping“ – mit Designer-Möbeln, Fotoecken und sogar mobilen Karaoke-Anlagen. Diese kulturelle Hybridität erklärt, warum rein westliche Produkte teils scheitern – und warum Partnerschaften wie die zwischen Anta und Jack Wolfskin so vielversprechend sind.

Laut dem „Research Report on Development Status and Investment Trends of China's Outdoor Sports Industry (2022-2029)“ konzentriert sich der chinesische Outdoor-Markt vor allem auf Großstädte und aufstrebende Metropolen. Die Bewohner dieser Städte verfügen über eine hohe Kaufkraft, sind aufgeschlossen gegenüber Neuem und legen Wert auf Lebensqualität – sie stellen 65% der Outdoor-Enthusiasten. Die beliebtesten Aktivitäten sind Radfahren, Wandern, Bergsteigen und Camping (mit einer Beteiligungsrate von über 30%). Neue Trends wie Stand-Up-Paddling, Frisbee und Surfskate verzeichnen aufgrund der niedrigen Basis ein rasantes Wachstum. Besonders beliebt ist Wandern: 75% der Outdoor-Interessierten geben dies als bevorzugte Aktivität an. Die Ausrüstung reicht von Kleidung und Zelten bis hin zu Messern, Beleuchtung und mobilen Stromspeichern.

Digitale Hebelwirkung: Wie Soziale Medienden Markt umgestalten

Nach Corona brach in China ein Outdoor-Boom aus, der durch das digitale Ökosystem des Landes noch beschleunigt wurde und nach wie vor anhält.

Eine kluge Vertriebsstrategie und effektive Nutzung von Traffic sind entscheidend für den Markterfolg. Vor allem digitale Marken setzen auf Social Media wie Xiaohongshu, Douyin und Weibo sowie auf KOLs (Key Opinion Leaders), um schnell Reichweite zu gewinnen. Hashtags wie #HardcoreCamping verzeichnen Milliarden Aufrufe. Entscheidend ist: Diese Plattformen sind nicht nur Inspirationsquelle, sondern auch vollwertige E-Commerce-Hubs. Nutzer können direkt vom Camping-Video zum Kauflink springen.

Auf der ISPO in Shanghai setzen Outdoor-Marken auf professionelle Athleten und internationale Events, um ihre Expertise zu untermauern. Gleichzeitig nutzen sie Live-Streaming, Influencer-Marketing und interaktive Spiele, um Kunden zu binden. Die Messestände sind als Erlebniswelten gestaltet: Mit nachgebildeten Vulkanen, Bergen, Stürmen und Regenfällen können Besucher nicht nur die Materialien von Funktionsjacken oder Skianzügen anfassen, sondern sich auch in reale Outdoor-Szenarien hineinversetzen.

Politik als Treiber: Wie der Staat denOutdoor-Boom fördert

Hinter dieser scheinbar organischen Bewegung steht ein klarer politischer Wille. Die chinesische Regierung hat nicht nur das lukrative Potenzial der atemberaubenden Landschaften erkannt, sondern auch, dass eine gesunde Bevölkerung für das gesamte Land von Vorteil ist. Chinas 14. Fünfjahresplan hat die Outdoor-Industrie explizit als Wachstumsmotor eingestuft. Konkrete Maßnahmen umfassen: die klare räumliche Planung der nationalen Outdoor-Sportindustrie, die Vereinfachung des Transports von Outdoor-Ausrüstung und -Geräten, die gezielte Förderung von Outdoor-Sportveranstaltungen und Festivalmarken sowie den Ausbau von Sicherheitsvorkehrungen und Rettungssystemen für Outdoor-Aktivitäten.

Handlungsempfehlungen für deutsche Akteure

1. Win-Win-Kooperationen: Lokale Allianzen schmieden

Das Beispiel Decathlon zeigt, wie es geht: Durch die Partnerschaft mit Tmall International reduzierte der französische Konzern Lager- und Logistikkosten und erreichte zugleich Millionen chinesischer Kunden. Ein „Super Brand Day“ mit exklusiver Camping-Ausrüstung für junge Familien brachte an einem Tag über 100 Millionen Yuan Umsatz.

2. Tiefe Lokalisierung: Von Design bis Funktionalität

Die ‚Polar Series‘ von Jack Wolfskin, speziell für den chinesischen Markt entwickelt, ist ein Erfolgsbeispiel. Die Serie wurde für das extreme Winterklima Nordchinas konzipiert und verfügt über verstärkte Daunenisolierung sowie wind- und wasserabweisende Materialien. Gleichzeitig integriert sie typisch chinesische Stehkragen-Designs und abnehmbare Futter mit Plüschbesatz – eine perfekte Balance aus Funktionalität und Ästhetik. Nach dem Launch generierte die Produktreihe über 100.000 positive Nutzerbeiträge unter dem Hashtag #Winterwandern auf Xiaohongshu.

3. Digitale Touchpoints: Social Commerce nutzen

Outdoor-Marken können auf derWeChat-Mini-Programm-Plattform ein "Outdoor-Technologiemuseum"erstellen: Nutzer können Camping-Öfen per AR ausprobieren.

4. Storytelling mit Tiefe: Von Handwerk zu Werten

Beispiel: Altes Handwerk, moderne Inszenierung

Die Porzellanmanufaktur Meissen öffnete den chinesischen Markt mit einer Dokumentation über 300 Jahre Brennkunst. Outdoor-Marken können lernen:

  • Handwerksnarrative: Ein Film über Schwarzwälder Schuster, die Bergschuhe nach traditioneller Gerbkunst fertigen („Jede Falte erzählt von Natur“).
  • Kultur-Kooperationen: Gemeinsam mit den Dunhuang-Grotten Socken mit Motiven aus den Höhlenmalereien entwerfen („Outdoor-Geist auf der Seidenstraße“).
  • User-Generated Content: Eine „Meine Outdoor-Story“-Kampagne, bei der die besten Einsendungen Customized-Ausrüstungen gewinnen können.

Ein Hochgeschwindigkeitsmarkt – deutsche Qualität als Trumpf

Der chinesische Outdoor-Markt, der bis 2025 auf 400 Milliarden Yuan wachsen soll, bietet historische Chancen für deutsche Hersteller. Doch der Schlüssel zum Erfolg liegt in kultureller Übersetzung: Wer deutsches Engineering mit chinesischer Lebensart verbindet, wird zum Game-Changer in diesem aufregenden Wachstumsmarkt.

Chinas Outdoor-Markt ist komplex – doch genau hier setzt Storymaker an. Als erfahrene PR- und Marketing-Agentur mit tiefem China-Know-how helfen wir deutschen Unternehmen, die richtigen Verbraucher zu erreichen. Unser muttersprachliches Team kombiniert kulturelles Feingefühl mit datengesteuerten Strategien – von Content-Kreation bis KOL-Kooperationen. Kontaktieren Sie uns für maßgeschneiderte Lösungen.

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Theresa Stewart

Director China
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